Wenn eine Familie dysfunktional wird, kann dies verschiedene Gründe haben. Es mag ein offenes Problem vorliegen, wie der Konsum von Drogen oder Alkohol. Jedoch gibt es auch eine Ursache, die schwerer zu erkennen ist. Ein oft verdeckt liegender Grund ist systematischer Narzissmus. Dieser bildet den Kern für die narzisstische Familie. Merkmale der narzisstischen Familie In einer gesunden Familie sind die Eltern emotional reif und selbstsicher genug, um ein ausgeglichenes Leben zu führen. Sie haben ein soziales Netz um sich herum, das ihnen Unterstützung bietet. Ihre Entscheidung, Kinder in die Welt zu setzen, kam ganz natürlich. Folglich sind sie in der Lage, ihre Kinder physisch und emotional zu versorgen und ihr Wachstum zu fördern. Den Kindern wird ermöglicht, ihre eigene Identität zu formen. Sie entwickeln sich zu selbstständigen Menschen. Die Eltern sind in einer solchen Konstellation empathisch, sodass sich ihre Kinder in der Bindung sicher fühlen können. Zudem verfügen die Eltern über gesunde Scham und stellen ihre Bedürfnisse zurück. Dies erlaubt den Kindern, ein starkes Selbstwertgefühl zu entwickeln. Gesunde Eltern verwenden offene und ehrliche Kommunikation, um Ordnung im Haushalt zu schaffen. Sie setzen nicht auf autoritäre „Herrschaft“. Die narzisstische Familie weist eine völlig andere Dynamik auf. Hier haben die Eltern hingegen schon lange den Kontakt zu ihrem Wahren Selbst verloren. Ihr Leben wird bestimmt von einem narzisstischen Falschen Selbst. Für einen narzisstischen Elternteil stellt die Familie zwei Dinge dar: ein Statussymbol und ein Konstrukt, das er für sich nutzen kann. Was eigentlich eine nährende und liebevolle Struktur sein sollte, in der gesunde Kinder heranwachsen können, wird stattdessen zu einem Quell narzisstischer Versorgung. In einer solchen Familie dominieren die Bedürfnisse des Narzissten die aller anderen. Der Ehepartner und die Kinder sind vor allem dazu da, den Bedürfnissen des narzisstischen Elternteils zu dienen. Der unstillbare Durst des Narzissten nach Kontrolle und narzisstischer Versorgung wird unter dem Deckmantel einer liebenden Familie versteckt. Der Narzisst geht ganz in seiner Machtposition auf. Diese verfestigt er, indem er rigide Regeln durchsetzt. Die Regeln der narzisstischen Familie Damit die narzisstische Familie funktionieren kann, müssen die folgenden Richtlinien eingehalten werden: Die Versorgung des Narzissten steht an erster Stelle. Die Bedürfnisse der Kinder oder des Ehepartners dürfen niemals den Narzissten einschränken oder das Image und den Ruf der Familie bedrohen. Anstatt zu planen, wie sie ihre Kinder am besten fördern und zu unabhängigen Erwachsenen erziehen können, denken narzisstische Eltern primär daran, welche Rolle jeder Einzelne spielen muss, um ihr eigenes grandioses Selbstbild zu festigen. Dies führt zur Schaffung einer Hierarchie und zu einer Verschiebung/Unterdrückung von Bedürfnissen. In der Familie wird ein gestörtes Gleichgewicht etabliert, das allein dem Narzissten dient. Alles, was das Gleichgewicht gefährdet oder dafür sorgt, dass der Narzisst sich bedroht fühlt, muss ohne Ausnahme beseitigt werden. Das narzisstische Familienbild Die narzisstische Familie weist jedem Mitglied eine bestimmte Rolle zu. Diese wird von zwei Faktoren bestimmt. Erstens hängt sie davon ab, welches grandiose Bild der Narzisst von sich selbst vermitteln will. Zweitens richtet sie sich danach, was das betroffene Familienmitglied dem Narzissten „bieten“ kann. Das Idealbild oder, besser gesagt, die „Doktrin“ einer narzisstischen Familie wird für gewöhnlich unter dem Folgenden verborgen: Bild einer glücklichen Familie Die „glückliche Familie“ ist ein Bild, das dem Narzissten hilft, seinen Ruf in der Öffentlichkeit zu festigen. Es erfordert, dass sich die Kinder jederzeit „perfekt“ benehmen. Da der Narzisst keinen Kontakt zu seinen eigenen Gefühlen hat, versucht er gar nicht erst, die emotionalen Bedürfnisse seiner Kinder zu befriedigen. Er erwartet jedoch von ihnen, dass sie das kreierte Idealbild jederzeit aufrechterhalten. Ressentiments und Unzufriedenheit werden nicht toleriert. Ein Kind von Narzissmus wird gezwungen, seine Rolle niemals zu verlassen. Bild von Erfolg Für den Narzissten ist Erfolg ein wichtiger Baustein seiner Selbstdarstellung. Von den Kindern wird erwartet, dass sie in allem, was sie tun, erfolgreich sind. In einer offen narzisstischen Familie weist der narzisstische Elternteil dem Kind aktiv die Richtung, in die es sich entwickeln soll. Er treibt das Kind mit Ehrgeiz voran und macht ihm deutlich, an welchen Maßstäben es gemessen wird. Dabei wird erwartet, dass das Kind alle Erwartungen erfüllt oder übertrifft. Alles unterhalb von 100 % „Pflichterfüllung“ wird als Fehlschlag gewertet. In einer verdeckt narzisstischen Familie bestehen ebenfalls hohe Erwartungen an das Kind. Jedoch unternehmen die Eltern keinen Versuch, das Kind in die entsprechende Richtung zu fördern oder es zu unterstützen. Die angesetzten Maßstäbe sind häufig implizit und werden nicht geäußert. Dies macht es für das Kind besonders schwer und verwirrend, seine Eltern zufriedenzustellen. Einem Kind von Narzissmus wird die Pflicht übertragen, die Erwartungen eines Elternteils zu erfüllen, der nur von seinem eigenen falschen Image besessen ist. In beiden Szenarien hängen die Akzeptanz und Bestärkung, die Sie als Kind erfahren, vollständig von Ihrer Fähigkeit ab, der narzisstischen Ideologie der Familie zu dienen. Sie werden dabei an Folgendem gemessen: Welche Rolle Sie spielen können Wenn Sie eine Rolle spielen können, die der Ideologie der Familie dient, erhalten Sie von Ihren Eltern Akzeptanz und Zustimmung. Beispielsweise kann es sein, dass eine narzisstische Familie Erstgeborene und Jungen besonders schätzt. In dem Fall bekommen Sie, wenn Sie beide Kriterien erfüllen, automatisch „Punkte“. Andere Familien legen besonderen Wert auf Bildung als Weg zum Erfolg. In dem Fall bringen Ihnen vor allem gute Noten Akzeptanz und Zustimmung ein. Einfach nur das „brave“ Kind zu sein und dem Narzissten keinen Aufwand zu bereiten, kann ebenfalls Punkte bringen. Ist das Kind ruhig und muckt nicht auf, wird es als „braver Junge“ oder „braves Mädchen“ bezeichnet. Das jüngste Kind kann Punkte bekommen, einfach weil es das jüngste ist. Ein weiterer Faktor für die Zuwendung, die Sie erhalten, liegt in Ihrem Verhalten: Wie gut Sie Sie das Familienbild verkaufen Wenn Sie Ihre Familie enthusiastisch in der Öffentlichkeit vertreten, erhalten Sie dafür Punkte. Schließlich stärken Sie, wenn Sie vor anderen glücklich erscheinen, das Ansehen der Familie. Gleichzeitig tragen Sie dazu bei, die wahren Absichten des Narzissten und das wahre Elend der Familie zu verbergen. Jedes Mitglied, das nicht in der Lage ist oder sich weigert, die narzisstische Ideologie der Familie zu verstärken, wird bestraft. Es wird ignoriert, verbal oder körperlich angegriffen und lächerlich gemacht. Diese Art von Behandlung, bei der das Kind für einige Dinge geschätzt, für andere aber zurückgewiesen und angegriffen wird, kreiert selbstverständlich große Mengen Angst und Spannung. Alles, was ein Kind will, ist die Liebe und Akzeptanz seiner Eltern. Jedoch hat es in einer verdeckt narzisstischen Familie keine klare Vorstellung davon, wie es diese bekommen kann. Als Kind sind Sie sich der narzisstischen Agenda Ihrer Eltern nicht bewusst. Sie haben keine Möglichkeit, um zu begreifen, dass Sie nur eine Figur in einem Spiel sind. Für ein Kind ist alles eine Angelegenheit des Herzens. Für den Narzissten ist alles eine Sache seines narzisstischen Images. Die Rollen in einer narzisstischen Familie Das narzisstische „Drama“ ist wie eine Bühnenshow organisiert, in der jedes Mitglied seine Rolle spielt. Typische Rollen in einer narzisstischen Familie sind: Ermöglicher (Enabler) In der Regel ist dies der Ehepartner oder eine der Töchter. Ermöglicher kümmern sich um die Grundbedürfnisse des Narzissten. Sie sind entscheidend dafür, die glückliche Fassade aufrechtzuerhalten. Ermöglicher beliefern die Familie und das Umfeld mit Ausreden und Entschuldigungen für das Verhalten des Narzissten. Sie hoffen, dadurch die Zustimmung und Akzeptanz des Narzissten zu gewinnen. Diese erhalten sie jedoch nur, wenn sie nach seinen Regeln spielen. Wenn Ermöglicher dem Narzissten nicht gerade aktiv helfen, wird von ihnen erwartet, dass sie an seiner Seite bleiben und wie Monde um ihn kreisen. Dies hilft dem Narzissten, ein Gefühl der Grandiosität und Kontrolle zu bewahren. Goldenes Kind Fast immer sucht sich der Narzisst ein bestimmtes Kind aus, um es nach seinem eigenen Bild zu formen. Normalerweise handelt es sich um das älteste Kind. Jedoch kann die Rolle auch dem Zweitältesten zufallen. Wen der Narzisst auswählt, hängt von Talent, Attraktivität, Fähigkeit und Intelligenz des Kindes sowie von der Agenda des Narzissten ab. Wenn ein Narzisst zum Beispiel das äußere Erscheinungsbild am meisten schätzt, aber sein Erstgeborenes unbeholfen und unattraktiv ist, wird er das Zweitgeborene als das goldene Kind bezeichnen. Dieses wächst in dem Glauben auf, etwas Besonderes zu ein. In Wahrheit wird es nur dafür hervorgehoben, eine möglichst genaue Kopie des Narzissten zu sein. Hierdurch entwickelt es oft den Glauben, besser zu sein als seine Geschwister. Regelmäßig nimmt es selbst Verhaltensweisen des Narzissten an und fängt beispielsweise an, seine Geschwister herumzukommandieren. Ersatzelternteil Der Narzisst ist in der Regel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um auf die Bedürfnisse der Kinder einzugehen. Der „ermöglichende“ Ehepartner ist wiederum ganz davon eingenommen, die Bedürfnisse des Narzissten zu erfüllen. Aus diesem Grund bestimmt der Narzisst, falls er mehrere Kinder hat, oft eines davon zum „Ersatzelternteil“. Von diesem zum Erwachsenen „beförderten“ Kind wird erwartet, dass es sich um die Bedürfnisse seiner jüngeren Geschwister kümmert. Es wird für das Wohlergehen und Verhalten seiner Brüder und Schwestern verantwortlich gemacht. Um diese Rolle ausfüllen zu können, muss der Ersatzelternteil seine Emotionen unterdrücken und in eine Rolle hineinwachsen, die übertriebene Disziplinierung und Rigidität erfordert. Dies kann enorme Schäden für seine kindliche Entwicklung hinterlassen. Sündenbock Der Narzisst braucht jemanden, auf den er seine Frustration und seine verdrängte Wut abladen kann. Das zweitälteste Kind oder dasjenige, das am ehesten „den Mund aufmacht“, wird als das „Problemkind“ abgestempelt. Es wird bei jeder Gelegenheit niedergemacht und eingeschüchtert. Andere Kinder in der Familie folgen möglicherweise dem Beispiel des Narzissten und laden unwissentlich ebenfalls ihre Wut und Scham auf den Sündenbock ab. Verlorenes Kind Alle „restlichen“ Kinder, denen nicht die Rolle des Goldkindes, des Ersatzelternteils oder des Sündenbocks zugewiesen wird, werden in der Regel vernachlässigt. Ihre Aufgabe besteht primär darin, „die Füße still zu halten“. Durch diese Verdrängung in die Passivität fällt es ihnen schwer, eine eigene Identität zu entwickeln. Sie wachsen mit dem Gefühl heran, nicht zu wissen, wer sie sind. Niemand hilft ihnen dabei, herauszufinden, wie sie in die Welt passen. Hieraus entwickelt sich oft ein brennendes Gefühl von Scham und Minderwertigkeit. Maskottchen Oft ist dies die Rolle für das jüngste Kind. Es entwickelt sich zum Witzbold der Familie, der komödiantische Entlastung bietet und die Dysfunktion des Systems verdeckt. Diese „Witzigkeit“ kann gefördert oder toleriert werden. In jedem Fall lernt das Kind, dass es nur für seine Rolle als „Hofnarr“ Aufmerksamkeit bekommt. Albernheit wird seine einzige akzeptierte Ausdrucksweise, unabhängig davon, was es wirklich empfindet. Variationen der Rollen Die genannten Rollen für Kinder von Narzissmus können sich verschieben und variieren. Wenn zum Beispiel der Älteste auszieht oder aufmüpfig wird, kann der Zweitälteste zum goldenen Kind befördert werden. Auch kann ein Kind mehrere Rollen spielen. Das goldene Kind kann bei Bedarf ein Ersatzelternteil werden und das verlorene Kind kann zum Maskottchen gedrängt werden, um überhaupt Aufmerksamkeit zu bekommen. Ein Einzelkind ist besonders anfällig für Mehrfachrollen. Da es keine Geschwister hat, muss es bei Bedarf andere Rollen ausfüllen, die der Narzisst verlangt. In den meisten Fällen wird es zum goldenen Kind erhoben. Jedoch muss es auch als Sündenbock herhalten, wenn der Narzisst einen braucht. Darüber hinaus wird von ihm erwartet, das Maskottchen zu spielen, um die Eltern zu unterhalten. Für das Kind ist dies eine überfordernde, verrückt machende Situation. Folgen einer narzisstischen Familie Durch die Zuweisung von Rollen wird die narzisstische Familie für alle Beteiligten zu einem rücksichtslosen Wettbewerb ums Überleben. Jedes Kind kämpft um ein Stückchen Aufmerksamkeit. Die Wertschätzung des narzisstischen Elternteils ist eine begrenzte Ressource, um die sich alle Mitglieder streiten müssen. Hierdurch entsteht eine gefährliche Prägung für das ganze Leben. Kinder von Narzissmus entwickeln die Überzeugung, dass Liebe ein Wettstreit ist. Sie lernen, dass Akzeptanz davon abhängt, ob man eine Rolle spielt, die andere für einen definieren. Dass Liebe eigentlich eine Quelle des Zuspruchs, der Stärkung und des Teilens ist, geht einem Kind von Narzissmus völlig verloren. Es lebt in einer Diktatur, geschickt getarnt als „glückliche Familie“. Der Schaden, den die Zugehörigkeit zu einer narzisstischen Familie anrichtet, ist enorm: Angstzustände und Depressionen Die Bestärkung, die das Kind gelegentlich von einem Elternteil erhält, wenn es sich „richtig“ verhält, gleicht einem Glücksspiel. Da das Kind nicht in der Lage ist, die Absicht des Narzissten bewusst zu erfassen, fühlt es sich abgelehnt und willkürlich belohnt. Hierdurch empfindet es ständig Angst. Ein Kind braucht Anerkennung, um sich sicher und „ganz“ zu fühlen. Aus diesem Grund spielt es das Spiel der Eltern weiter mit, in dem vergeblichen Versuch, sich die Liebe und Zuneigung seiner Eltern zu „sichern“. Es agiert dabei wie ein Spielsüchtiger in einem Glücksspiel, der dem nächsten Gewinn nachjagt. Bei jedem Fehlschlag verfällt das Kind in Scham und Depressionen. Darum versucht es beim nächsten Mal umso härter, zu „gewinnen“. So setzt sich der destruktive Zyklus immer weiter fort. Emotionale Unterdrückung Alle Mitglieder außer dem Narzissten müssen ihre emotionalen Bedürfnisse unterdrücken, um das fragile Gleichgewicht der narzisstischen Familie nicht zu beeinträchtigen. Die Erfahrung ist äußerst schmerzhaft und schränkt die Entwicklung der Kinder ein. Sie verlernen die Fähigkeit, zu lieben und zu vertrauen. Geringes Selbstwertgefühl Jedes Familienmitglied macht die Erfahrung, dass es unmöglich ist, es dem Narzissten dauerhaft recht zu machen. Dies führt zur Entwicklung von Minderwertigkeitskomplexen. Das verlorene Kind fühlt sich vernachlässigt und wertlos. Der Sündenbock wird voller Wut und Scham zurückgelassen. Selbst das Goldkind spürt, dass es nur gelobt wird, wenn es alles „richtig“ macht. Somit zahlt jeder Angehörige der narzisstischen Familie einen Preis, wenn auch auf unterschiedliche Weise. Falsche Vorstellung von Beziehungen Jedes Mitglied wächst mit der Überzeugung auf, dass es in Beziehungen darum geht, eine bestimmte Rolle zu spielen. Diese wird vom „Mächtigeren“ vorgegeben und definiert. Wie viel Liebe man erhält, bestimmt sich durch einen Wettbewerb. Hierbei müssen andere dominiert und übertrumpft werden. Liebe ist eine begrenzte Ressource, die man sich durch Taten verdienen muss. Mangelndes Vertrauen Intimität ist für ein Kind des Narzissmus ein Schlachtfeld. Das Kind, das immer wieder sein Herz öffnet, aber zurückgewiesen wird, ohne zu wissen, warum, hört schließlich auf, den Eltern zu vertrauen. Dieses Misstrauen greift auf sein tägliches Leben über. Der Weg zur Liebe wird als zu frustrierend empfunden. Das erwachsene Kind kreiert daher oft Hindernisse auf dem Weg zu Intimität und Nähe. Dies führt zu enormen Komplikationen in Beziehungen im Erwachsenenalter. Kind von Narzissmus – eine lebenslange Rolle Die Dynamik, die eine narzisstische Familie prägt, schlägt im Kind tiefe Wurzeln. Wenn es älter wird und seine gestörte Familie verlässt (oder flieht), fühlt es sich unbewusst zu Strukturen hingezogen, die denen der Familie ähneln. Hierdurch fällt es immer wieder in seine antrainierte Rolle zurück. Narzisstische Eltern werden durch andere Bezugspersonen ersetzt. Lediglich die Umstände und die „Mitspieler“ ändern sich. Der Betroffene setzt dadurch unbewusst die Prinzipien der narzisstischen Familie fort. Das Trauma kann ein Leben lang anhalten. Dieser Zyklus wird erst unterbrochen, wenn der Betroffene den Kern des Narzissmus versteht. Das Kind von Narzissmus muss seine Paradigmen ändern, damit es anfangen kann, seine persönliche Macht zu entfalten. In meinem Buch „Sieg über Narzissmus“ finden Sie einen Ratgeber, wie man sich aus einer narzisstischen Beziehung befreit. Im Nachfolgeband „Neuanfang nach Narzissmus“ gehe ich tiefer auf die narzisstische Familie und die Beschaffenheit der Macht ein.
ChatGPT:
ChatGPT

Die Dynamik der narzisstischen Familie: Eine Erklärung

Familien können aus unterschiedlichen Gründen dysfunktional werden. Manche Probleme, wie Drogen- oder Alkoholmissbrauch, sind offensichtlich. Doch eine subtilere und schwerer zu identifizierende Ursache ist systematischer Narzissmus. Dieser kann das Fundament für die sogenannte narzisstische Familie bilden.

Was zeichnet eine narzisstische Familie aus?

In einer gesunden Familie sind die Eltern emotional reif und ausgeglichen. Sie verfügen über ein unterstützendes soziales Netz, und ihre Entscheidung, Kinder zu bekommen, ist bewusst und natürlich. In diesem Umfeld können Kinder ihre eigene Identität entwickeln und werden zu selbstständigen Persönlichkeiten.

Gesunde Eltern zeigen Empathie und setzen ihre eigenen Bedürfnisse zugunsten der Kinder zurück. Dadurch schaffen sie eine Atmosphäre, in der Kinder ein starkes Selbstwertgefühl entwickeln können. Kommunikation ist ehrlich und offen, und Entscheidungen werden im Sinne der gesamten Familie getroffen.

Eine narzisstische Familie dagegen zeigt ein völlig anderes Muster. Hier sind die Eltern häufig vom Kontakt zu ihrem wahren Selbst abgeschnitten und von einem narzisstischen „Falschen Selbst“ beherrscht. Die Familie wird weniger als Ort der Fürsorge betrachtet, sondern vielmehr als ein Instrument, das den Bedürfnissen des narzisstischen Elternteils dient.

In solchen Familien stehen die Wünsche und das Image des Narzissten über allem. Ehepartner und Kinder werden in Rollen gedrängt, die die Selbstinszenierung des Narzissten unterstützen. Der narzisstische Elternteil hält die Machtposition durch strenge Regeln und Kontrolle aufrecht, während die Bedürfnisse der anderen Familienmitglieder unterdrückt werden.


Die Regeln innerhalb einer narzisstischen Familie

Damit dieses System funktioniert, gibt es klare ungeschriebene Regeln:

  1. Die Bedürfnisse des Narzissten stehen an erster Stelle.
  2. Die Wünsche oder das Wohlergehen der anderen dürfen das Image der Familie nicht beeinträchtigen.
  3. Jedes Familienmitglied spielt eine definierte Rolle, die der Selbstdarstellung des Narzissten dient.

Die Kinder wachsen in einem Umfeld auf, in dem sie lernen, dass ihre Akzeptanz und Wertschätzung davon abhängt, wie gut sie die vorgegebenen Erwartungen erfüllen. Dieses System fördert eine unausgeglichene Hierarchie und zwingt die Kinder, die Bedürfnisse des Narzissten über ihre eigenen zu stellen.


Das narzisstische Familienbild

Nach außen hin versucht der Narzisst, das Bild einer „perfekten Familie“ zu projizieren. Dies dient dazu, das eigene grandiose Selbstbild in der Öffentlichkeit zu stärken. Die Kinder müssen jederzeit die Fassade von Harmonie und Erfolg aufrechterhalten, während ihre emotionalen Bedürfnisse ignoriert werden.

Typische Erwartungen:

  • „Glückliche Familie“: Die Kinder sollen das Bild der perfekten Einheit präsentieren.
  • Erfolg: Sie müssen Höchstleistungen erbringen, um den Narzissten zu repräsentieren.

Offen narzisstische Eltern treiben ihre Kinder aktiv an, um ihre Vorstellungen zu verwirklichen, während verdeckt narzisstische Eltern hohe, oft unausgesprochene Erwartungen stellen, die Kinder häufig verwirren und überfordern.


Die Rollen innerhalb der narzisstischen Familie

Die narzisstische Familie funktioniert wie ein Theaterstück, bei dem jedes Mitglied eine bestimmte Rolle übernimmt:

  1. Der Ermöglicher: Oft der Ehepartner oder ein Kind, das den Narzissten unterstützt, indem es Ausreden für dessen Verhalten findet.
  2. Das Goldene Kind: Dieses wird idealisiert und soll die Ideale des Narzissten verkörpern.
  3. Der Sündenbock: Auf dieses Kind werden Frustrationen und Schuld abgeladen.
  4. Das verlorene Kind: Dieses wird ignoriert und bleibt passiv im Hintergrund.
  5. Das Maskottchen: Oft das jüngste Kind, das die Familie durch Humor entlastet.

Rollen können sich je nach Verhalten und den Bedürfnissen des Narzissten verschieben. Ein Einzelkind kann gezwungen sein, mehrere Rollen gleichzeitig zu übernehmen, was die psychische Belastung verstärkt.


Langfristige Auswirkungen

Die Prägungen einer narzisstischen Familie können ein Leben lang bestehen bleiben:

  • Angst und Depression: Kinder fühlen sich ständig unter Druck gesetzt, die unerfüllbaren Erwartungen ihrer Eltern zu erfüllen.
  • Unterdrückung von Gefühlen: Emotionale Bedürfnisse werden ignoriert, was die Fähigkeit zu lieben und zu vertrauen einschränkt.
  • Geringes Selbstwertgefühl: Die ständige Abhängigkeit von externer Bestätigung führt zu Minderwertigkeitsgefühlen.
  • Gestörtes Beziehungsverhalten: Kinder von Narzissten entwickeln oft eine falsche Vorstellung von Liebe als „Ressource“, die man sich verdienen muss.

Der Ausbruch aus dem System

Der Weg aus einer narzisstischen Familienstruktur erfordert ein tiefes Verständnis der zugrunde liegenden Dynamik. Die Betroffenen müssen lernen, ihre erlernten Glaubensmuster zu hinterfragen und sich von den Rollen zu lösen, die ihnen auferlegt wurden.

Das Bewusstmachen der eigenen Wertigkeit und der Aufbau eines authentischen Selbst sind entscheidende Schritte, um sich von den Fesseln einer narzisstischen Prägung zu befreien und gesunde Beziehungen zu führen.

Cookie Consent mit Real Cookie Banner